Auf Social Media, bei Kaffeepausen und an Stammtischen wird gerade heftig darüber diskutiert, ob der Begriff «Mohrenkopf» für Schoko-Schaumgebäcke noch opportun sei. Oder ob diese nicht besser Schokoküsse heissen sollten.

Meine Recherche nach dem Ursprung der Begriffe «Mohr» und «Mohrenkopf» hat Resultate ergeben, die auf jeden Fall zum Denken anregen.

Darf ein Schokokuss heute noch Mohrenkopf heissen? Dazu wollte ich wissen, woher der Begriff Mohr kommt und was er bedeutet.

Im Band „Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache“ erklären Susan Arndt und Nadja Ofuatey-Alazard, dass das Wort „Mohr“ etymologisch auf das griechische „moros“ zurückzuführen sei, was „töricht“, aber auch „dumm“ bedeutet. Gleichzeitig stamme der Begriff aber auch vom lateinischen „maurus“ ab, das für „schwarz“, „dunkel“ und „afrikanisch“ stehe. Daraus sei im Althochdeutschen „mor“ und davon der „Mohr“ abgeleitet worden.
Quelle: https://www.diepresse.com/741984/wie-rassistisch-der-begriff-bdquomohrldquo-wirklich-ist

Eine Abhandlung der GRA (Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus) und andere Quellen deuten das Wort Mohr als die älteste Bezeichnung für schwarze Menschen in der deutschen Sprache. Das althochdeutsche «mor» stamme aus dem lateinischen «maurus» (= Mauren) und sei ursprünglich für Bewohnerinnen und Bewohner Mauretaniens und der ganzen nordafrikanischen Küste verwendet worden. Die Muslime der iberischen Halbinsel hiessen im mittelalterlichen Spanisch «moros» – Mauren. Im deutschen Sprachgebrauch wurde später zwischen «Maure» und Mohr unterschieden. Mauren war die gebräuchliche Bezeichnung für dunkelhäutige «Heiden» und Muslime, während Mohren als Begriff für Schwarze verwendet wurde.

Seit wann heisst der Mohrenkopf so?

Im oben erwähnten Bericht der GRA wird auch dargelegt, woher die «Traditionsbezeichnung» Mohrenkopf kommt:
Im Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm findet der Mohrenkopf als «Biskuitgebäck mit Schokoladenüberzug» erstmals 1885 Erwähnung. Das bekannteste Gebäck unter diesem Namen ist eine süsse Klebrigkeit aus Eiweissschaum auf einer Waffel mit Schokoladenüberzug. Diesen Mohrenkopf gibt es seit den 1940er Jahren in der Schweiz. Mohrenköpfe (oder «Negerküsse») werden in Deutschland heute «Schokoküsse» genannt – in der Schweiz hält sich die ursprüngliche Bezeichnung sowohl in Firmennamen als auch in der Alltagssprache. Dass ein deutscher Konditor den Namen Mohrenkopf zu einer Zeit erfand, in der das Zweite Deutsche Kaiserreich (1871-1918) mit einer aggressiven Kolonialpolitik die einheimische Bevölkerung in Ost-, Südwest- und Westafrika unterwarf und Menschen aus den Kolonien in europäischen Städten in «Völkerschauen» vorgeführt wurden, ist dabei den Wenigsten bewusst.
Hier geht es zum ganzen GRA-Bericht: https://www.gra.ch/bildung/gra-glossar/begriffe/belastete-begriffe/mohr-mohrenkopf/

Überlassen wir den Entscheid den Betroffenen!

Schlussendlich haben nicht wir Weissen zu entscheiden, ob der Begriff Mohr erniedrigend und beleidigend ist, sondern die Betroffenen selbst. Wenn sich Schwarze oder Dunkelhäutige durch den Begriff «Mohrenkopf» oder anderen, ähnlichen Begriffen erniedrigt fühlen, sind Namen von Süssspeisen, Kaffees, Hotels, Restaurants etc. zu ändern. Denn das Rassistischste an der ganzen Diskussion ist meiner Meinung nach, dass wir Weissen den Schwarzen vorgeben, wie sie sich gefälligst zu fühlen hätten! Und aus einem relativ jungen Begriff eine «Traditionsmarke» zu generieren, um die Verwendung zu rechtfertigen, scheint mir persönlich eine Argumentation auf dünnem Eis zu sein.

Ich kann mir gut vorstellen, dass wir Schweizer kaum mit Verständnis und Nachsicht reagieren würden, wenn wir ab heute weltweit mit einer uns unliebsamen Bezeichnung tituliert würden. Versuchen wir also, uns in die Betroffenen hineinzuversetzen und in unserem Sprachgebrauch dem Empfinden dieser Menschen Rechnung zu tragen. Dem Zeitgeist des Jahres 2020 entsprechend und mit der notwendigen Rücksicht auf die Befindlichkeiten anderer.

Zur Ergänzung empfehle ich unbedingt auch die Lektüre dieser beiden Reportagen und Berichte zum Thema:

Warum die Schweiz nicht so tolerant ist, wie wir es immer gerne glauben möchten:
https://www.watson.ch/schweiz/analyse/558759280-rassismus-mit-mohrenkopf-woher-das-wort-kommt

Ein eindrücklicher und lesenswerter Bericht aus der Süddeutschen Zeitung aus dem Jahr 2015 zu dem Thema:
https://sz-magazin.sueddeutsche.de/leben-und-gesellschaft/in-der-grauzone-81487

Schlussendlich überlasse ich die Schlussfolgerungen den Leserinnen und Lesern meines Blogs und wünsche weiterhin genussvollen Verzehr von Schokoküssen mit leckerer Schaumfüllung!

P.S. wer an dieser Stelle jetzt argumentieren will, dass die Einwohner der norddeutschen Metropole Hamburg sich durch den Begriff «Hamburger» auch nicht betupft fühlten, dem oder derjenigen empfehle ich einfach den Besuch eines Englisch-Sprachkurses. Irgendwann werden dort die Begriffe «Ham» und «Burger» erklärt werden, welche zusammen den «Hamburger» ergeben…